Der Bund kann seinen Haushalt so günstig wie noch nie finanzieren. Die zehnjährige Bundesanleihe verbuchte am Dienstag zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik eine Negativrendite von -0,033 Prozent. Negativzinsen bei Bundesanleihen mit kürzeren Laufzeiten sind schon seit 2014 zu beobachten. Das Rekordtief der zehnjährigen Bundesanleihe ist so signifikant, da sie als Zinsreferenz für die zweitwichtigste Reservewährung der Welt, den Euro, und für viele Finanzprodukte fungiert.

Ähnliche Entwicklungen sind weltweit zu beobachten. Der „Bloomberg Global Developed Sovereign Bond Index“ befindet sich mit 0,62 Prozent auf dem niedrigsten Stand seit 2010. Weltweit werden Anleihen mit Negativrenditen in einem Volumen von neun Billionen Euro gehandelt. Für Sparer, Banken und Versicherungen als Hauptabnehmer von Staatsanleihen werden sichere alternative Anlagen knapp, daher sprechen manche Analysten bereits von einem Anlagenotstand in diesem Segment.

Doch was treibt die Anleger dazu, trotz negativer Renditen weiterhin in deutsche Staatsanleihen zu investieren? Ein Hauptpunkt hierbei ist das Vorgehen der Europäischen Zentralbank, welche im Rahmen ihrer lockeren Geldpolitik den Markt mit ausreichend günstiger Liquidität versorgt. Seit letzter Woche werden auch Unternehmensanleihen von der EZB gekauft. Auch dieses Geld will reinvestiert werden, Versicherungen und Banken haben durch gesetzliche Auflagen dabei keine Möglichkeiten, auf riskantere Alternativen auszuweichen und noch sind Sparer nicht bereit mehr Risiko zu tragen. Weitere Faktoren sind ein unsicheres Marktumfeld, erschaffen durch politische Risiken. Der mögliche Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union sowie die europäische Flüchtlingskrise tragen einen Teil zur Unsicherheit an den Märkten bei. Deutschland erscheint den Sparern aufgrund der stabilen politischen und wirtschaftlichen Lage dabei als sicherer Hafen für ihre Geldanlage. Wie lange sich dieser Trend fortsetzen wird, lässt sich nicht mit Sicherheit voraussagen. Eine zu rapide verlaufende Zinsnormalisierung könnte zu massiven Abschreibungen auf dem europäischen Anleihenmarkt und womöglich in eine neue Finanzkrise führen. Festzuhalten bleibt, dass sich sichere Anlagen in einer unsicheren Welt weiterhin größter Beliebtheit erfreuen werden, auch bei Negativzinsen.