Ausschüttungen und Entnahmen aus Unternehmen sind unsicher. Der Kalkulationszinssatz, mit dem diese an den Gesellschafter fließenden Beträge diskontiert werden, muss nach der Bedingung der Risikoäquivalenz die gleiche Unsicherheitsdimension wie das zu bewertende Unternehmen und damit die Ausschüttungs- bzw. Entnahmepotenziale aufweisen. Ausgangspunkt der Modellierung des Kalkulationszinssatzes ist ein sicherer Zinssatz. Die Qualität des Zinssatzes hinsichtlich der Risikofreiheit stellt sicher, dass es bei der Entwicklung des Kalkulationszinssatzes nicht zu einer Mehrfacherfassung von Risikozuschlägen kommt. Darüber hinaus muss der sichere Zinssatz laufzeitäquivalent sein, d.h. der Zeitraum innerhalb der der Zinssatz zur Verfügung steht, muss mit der Laufzeit des Unternehmens deckungsgleich sein. Da Unternehmen grundsätzlich unter der Annahme einer unendlichen Lebensdauer bewertet werden, müssen für den sicheren Zinssatz mangels unendlicher Zinskontrakte Näherungslösungen gewählt werden. Das aufwendige Modellieren von Kalkulationszinssätzen spielt im Rahmen der Bewertung von Unternehmen nur in den gesetzlichen und gesellschaftsvertraglichen Bewertungsanlässen, d.h. bei der Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte, eine Rolle.

In früheren Urteilen zu gesellschaftsrechtlichen Abfindungsfällen griff die Rechtsprechung im Schwerpunkt auf die historischen Anleihezinssätze langfristiger Papiere zurück. Die letzten 15 bis 30 Jahre empirischer Zinssatzinformationen gingen so in das Kalkül ein. Seitdem im IDW S1 die Zinsstrukturkurve propagiert wird, hat sich hier ein merklicher Wandel in der Rechtsprechung eingestellt, sodass überwiegend auf die Zinsstrukturkurve zur Ableitung des Basiszinssatzes zurückgegriffen wird. Zinsstrukturkurven modellieren den zukünftigen Zinsverlauf auf der Basis von Spotrates und kommen somit der Forderung der Zukunftsbezogenheit der Unternehmensbewertung entgehen. Spotrates stellen den Zinssatz von Nullkuponanleihen oder hypothetischen Nullkuponanleihen für Laufzeitbänder von 1 bis 30 Jahren dar. Diese am Kapitalmarkt vorhandenen Zinsinformationen werden unter Verwendung der Svensson-Funktion zu Zinsstrukturkurven verarbeitet. Bei normalem Anlegerverhalten werden für längere Anlagedauern höhere Zinssätze geboten bzw. gefordert, als für kürzere Laufzeiten. Daraus entsteht der typische Zinsstrukturverlauf einer ansteigenden Zinskurve mit abnehmendem Grenzwachstum. Zinsinformationen für Laufzeitbänder bis zu 30 Jahren stellen gute Näherungslösungen für die geforderte Laufzeitäquivalenz dar. Um die praktische Unternehmensbewertung zu vereinfachen, kann über die Zielwertsuche-Funktion von Tabellenkalkulationsprogrammen ein einheitlicher Zinssatz ermittelt werden, mit dem die Diskontierung der prognostizierten Ausschüttungen bzw. Entnahmen vorgenommen werden kann. Dieser Zinssatz stellt dann den Basiszins für die Ermittlung des Kalkulationszinssatzes dar. Zwischen dem Basiszinssatz des BGB und dem Basiszinssatz der Unternehmensbewertung besteht somit kein Zusammenhang.

Um Verzerrungen der Zinsinformationen zu vermeiden, empfehlen IDW und Rechtsprechung die Ermittlung eines durchschnittlichen Basiszinssatzes, der aus dem einheitlichen Zinssatz der letzten drei Monate vor dem Bewertungsstichtag ermittelt werden kann. Der Dreimonatszeitraum findet eine Entsprechung bei der Ermittlung des durchschnittlichen Börsenkurses als Mindestwert der aktienrechtlichen Abfindung. Wird zur Diskontierung nicht ein einheitlicher Zinssatz verwendet, sondern sollen die laufzeitgenauen Zinssätze verwendet werden, kommen Forward Rates zur Anwendung. Diese werden aus Spotrates ermittelt und beschreiben den Zinssatz, der für die Laufzeitschritte t bis t+1 gültig ist. Forward Rates sind für phasengenaue Diskontierungen erforderlich, da nur so die Berücksichtigung des phasenbezogenen Verschuldungsgrades nach Marktwerten für die Diskontierung berücksichtigt werden kann. Die vom IDW vorgeschlagene Rundung des ermittelten Basiszinssatzes um 0,25 Prozentpunkte hat sich teilweise eingebürgert. Eine theoretische Fundierung dafür fehlt allerdings. Für die Ermittlung des Basiszinssatzes für Zwecke der Unternehmensbewertung steht der BaseRateGuide von WOLLNY WP auf der homepage www.wollnywp-unternehmensbewertung.de zur Verfügung. Hier können Basiszinssätze für Bewertungsstichtage vom 01.08.1997 bis zum jeweils aktuellen Datum abgerufen werden.